Pallier - Zeichnungen

In seinem Bemühen, den künstlerischen Zusammenhang, den der Gegenstände und ihre Beziehungen zueinander, nicht zu verlieren, erwächst ihm - nach einem physiologischen Rhythmus seine Schwerpunkte setzend - eine Zeichensprache. Über das Gestalterische hinaus ergibt das einen ganz persönlichen Stil, der den Arbeitsvorgang selbst zum Träger des Bildausdrucks werden läßt.
Vom Zeichner an sich ist die Rede, und im speziellen Fall Gert Pallier, der in seinen Blättern, sensibel, dennoch streng diszipliniert, Objekte und Motive hervorragend umreißt.

Die Faszination des Werkes von Horst Janssen, eines norddeutschen Zeichners, dessen Arbeiten gerade eine Renaissance erleben, löst sein Interesse an Künstlern der unmittelbaren Kärntner Umgebung aus, deren Schaffen vorbildlich auf ihn wirkt. Hervorzuheben etwa Anton Mahringer mit seinen scharfkonturierten Zeichnungen. Dies alles war Anstoß genug für das künstlerische Werden des heute 50jährigen.
An sich des klassische Beginn einer künstlerischen Entwicklung - unter schöpferisch Aufstrebenden gar nicht so selten -, der aber meist nicht sehr lange durchgehalten und schließlich abgebrochen wird. Jene Zeichner, die bei Ihrem Ceuvre geblieben sind, werden zu Rarität und sind zu ihrer Berufung entschlossene Einzelgänger.

Pallier ist ein Zeichner "einer späteren Stunde", womit er auch mit anderen Größen der europäischen Kunst durchaus in guter Gesellschaft ist. Mit der Attitüde "von Geburt an gezeichnet haben zu müssen", wie es in klassischen Lebensläufen vergangener Künstler heißt, kann er in seiner Biographie nicht aufwarten. Seine künstlerische Laufbahn zweigt aus einem anderen beruflichen Lebensweg ab in eine viel versprechende Zukunft.

Die Erntshaftigkeit der soliden Zeichnung, so wie er sich damit befaßt - beinahe im Sinner Dürers, der einmal sagte: "... ich zeichne, das schützt mich vor Tod und Gefahr ..." - bewahrt ihn vor modischen Tendenzen, ja mach ihn immun dagegen.
Wem die Zeichnung in ihrer klassischen und anspruchsvollen Kunstform, vor allem der artistischen (was der progressiven Kunstszene besonders suspekt ist) noch viel bedeutet, den berühren modische Tendenzen, wie etwa veränderte Kunstbegriffe am Ende unseres Jahrhunderts" kaum.
Provoziert durch den heute nahezu völligen Wegfall der Auseinandersetzung mit der sichtbaren Umwelt in der bildenden Kunst, ist in seinen Zeichnungen eine gewisse programmatische Vorgangsweise nicht zu übersehen, die - in kühler Distanz zur Thematik - das Didaktische dieses Prozesses geradezu betont. In seinen Arbeiten bemüht sich Pallier, das Motiv zum bloßen Anlaß für eine freie Interpretation auf der Fläche werden zu lassen. So wie nach einem Dichterwort "Kunst lediglich Keime verstreut", im Falle der visuellen Kunst des Zeichners, Inspiration nicht von der dinglichen Welt selbst, sondern von deren Sinnbildern als Paradigma ausgeht, bleiben die Arbeiten eines Horst Janssen und der Einfluß der Kärntner Künstler für Gert Pallier auch weiterhin motivierend. Sie bestärken ihn, vom Abenteuer mit der Linie und ihrer Verlebendigung als dem unerlässlichen Instrument der Formerkennung in der Zeichnung nicht abzulassen.

Prof. Peter Kubovsky, 1999
Kunsthochschule Linz

Unterschrift Pallier Gert